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  • Porträt: Tsegazgi Berhe an einem Computer.

„Ich bin jetzt ein Bayer!“

Tsegazgi Berhe aus Eritrea ist voll und ganz in Bayern angekommen. Er singt im Kirchenchor, ist Mitglied im Fußballverein und lernt neben Deutsch auch Bayerisch. Er möchte dazu gehören.

Habe die Ehre! Tsegazgi Berhe (21) grüßt schon wie ein waschechter Trostberger. Der junge Mann aus Eritrea fühlt sich auch so. Er lernt nicht nur mit Feuereifer Deutsch in der Trostberger Brückenschule für erwachsene Flüchtlinge, er übt auch ganz viel Bayerisch. Grüß Gott, Griaß di, Pfiat di, Servus, Vergelt’s Gott. Sein Dialektwortschatz wird von Tag zu Tag größer. Bayern zum Üben kennt Tsegazgi Berhe mehr als genug: Er singt im Trostberger Kirchenchor und ist Mitglied im Fußballverein.

Integration in Rekordzeit

Integration auf ganzer Linie. Seit Mai 2015 lebt Tsegazgi Berhe in Bayern in der 11.000 Einwohner großen Gemeinde Trostberg im Landkreis Traunstein. Ein Glücksgriff für beide Seiten ist das. Noch lernt er Bayerisch – Verzeihung, Deutsch! – in der Brückenschule. „Ich will perfekt sprechen und schreiben können. Danach möchte ich eine Ausbildung zum Automechaniker oder Schreiner machen“, erzählt er. Dass er das schafft, nimmt man ihm sofort ab. Der Junge hat Willen.

Tsegazgi Berhe sitzt am Computer. Er lächelt.
Tsegazgi Berhe aus Eritrea besucht die Trostberger Brückenschule für Flüchtlinge.
Tsegazgi Berhe zeigt auf einen Zeitungsbericht über die Schule, der an einer Pinnwand hängt.
„I mog di“: Über die Brückenschule gibt es einen Zeitungsartikel.
„Hier ist jetzt mein Leben. Trostberg ist mein neues Zuhause.“
Tsegazgi Berhe hält das Buch „Deutsch im Alltag“ in der Hand.
Eines von Tsegazgi Berhes Zielen: perfekt sprechen und schreiben lernen.

Eritrea: Willkür, Gewalt & Massenflucht

Und er hat Mut. Den braucht man schließlich für die Flucht aus Eritrea, dem kleinen Staat mit dem menschenverachtenden Regime in Ostafrika. Auf einer Fläche knapp doppelt so groß wie Bayern leben und leiden in Eritrea circa fünf Millionen Einwohner – genaue Zahlen gibt es nicht – unter einem despotischen, brutalen Staatschef. Der ehemalige Rebellenführer Isaias Afwerki regiert das Land in Alleinherrschaft. Eine Opposition ist verboten. Die Willkür des Staatsapparats ist gefürchtet – vor allem unter jungen Männern. Viele von ihnen müssen lebenslang zum Militär, wer desertiert, kommt ins Straflager. Auch für Tsegazgi Berhe war das der Grund zur Flucht. Fünf Monate hat seine Odyssee über Äthiopien, Sudan, Libyen, Italien und Frankreich nach Deutschland gedauert.

Fünf Tage trieben sie im Mittelmeer

Fünf Tage davon verbrachte er mit 800 anderen Flüchtlingen auf einem altersschwachen Kahn auf dem Mittelmeer. Er spricht nicht über die Überfahrt. Er kann nicht. Tsegazgi Berhe ist froh, dass die italienische Küstenwache sie gerettet hat. Dass er überlebt hat. Nicht alle Mitreisenden hatten so viel Glück.

Neue Freundschaften in Trostberg

In Bayern wurde alles besser. Sein Leben wurde richtig gut! Er hat freundliche, hilfsbereite Menschen getroffen. Allen voran Marianne Penn, eine der Gründerinnen der Trostberger Brückenschule. Der junge Mann hat neue Freunde gefunden – Trostberger, Eritreer, Afghanen. Im Ort genauso wie auf dem Bolzplatz. Vor Kurzem haben die jungen Flüchtlinge ein „Fußball-Länderspiel“ ausgetragen. Eritrea gegen Afghanistan vor bayerischem Publikum. Beim Hinspiel hat Eritrea 6:1 gewonnen, beim Rückspiel hatten die Afghanen 5:2 die Nase vorn. Eine Win-win-Situation im wahrsten Wortsinne.

Die Gewinner der Integration: alle

Gelungene Integration kennt nur Gewinner. Und eine gemeinsame Sprache: Deutsch. Oder Bayerisch. Manchmal ein Kuddelmuddel mit Händen und Füßen. Gut fühlt sich das an. Nach Heimat, Freundschaft und Sicherheit fühlt es sich an. „Hier ist jetzt mein Leben. Trostberg ist mein neues Zuhause“, sagt Tsegazgi Berhe.

Unterrichtssituation: junge Migrantinnen und Migranten in einem Klassenzimmer.

Unterricht in der Trostberger Brückenschule. Deutsch lernen hat für die jungen Flüchtlinge oberste Priorität.

Unterrichtssituation: Schülerinnen und Schüler schreiben in ihre Hefte.

Tsegazgi Berhe und seine Mitschüler nehmen voll motiviert am Unterricht teil. Sie wissen: Bildung ist ein hohes Gut und nicht überall auf der Welt selbstverständlich.

Tsegazgi Berhe auf dem Heimweg von der Schule. Er winkt.

„Servus, Pfia Gott und Auf Wiedersehen“: Tsegazgi Berhe lernt nicht nur Deutsch, sondern auch mit Feuereifer Bayerisch.

Nachtrag:

Tsegazgi macht inzwischen eine Schlosserlehre.

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